Samstag, 14. Juli 2007

Aufgelesen

Heute in der FAZ ein Gedicht gelesen, welches meine Auffassung von Großstädten sehr treffend beschreibt - es stammt wohlgemerkt von 1910.

DER GOTT DER STADT

Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.

Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,
Die großen Städte knien um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.

Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik
Der Millionen durch die Straßen laut.
Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.

Das Wetter schwelt in seinen Augenbrauen.
Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
Die Stürme flattern, die wie Geier schauen
Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.

Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust
Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.

Georg Heym, 1910

4 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Oh, Stadt!
Du erwachst schon früh aus dem Schlafe,
kaum ehe Du ihn begonnen hast.
Und dann regt sich ein Treiben und Lärmen.
Hundertfach! Tausendfach!

Oh, Stadt! Meine Stadt!
Deine Bürger eilen zur Arbeit hin,
zu schaffen am menschlichen Werke.
Und Bauarbeiter und Ingenieure
die kühnen Gebäude
zu Deiner Schönheit vollenden.
Und Wissenschaftler und Projektanten
erträumen die Zukunft Dein,
die ständig neu und gewaltig.

Oh, Stadt! Unsere Stadt!
In Dir vereint sich der Tatendrang Tausender.
Du bist Produktion und Handel.
Du bist Kommune und Verkehr.
Du bist Bildung und Wissenschaft.
Du bist Sport und Kultur.
Und Speicher bist Du für vielfält'ges Leben.
Und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
vereinen Dich in lebhaft harmonischer Größe.

Oh, Stadt! Meine Stadt! Unsere Stadt!
Wenn Dein Tagwerk vollbracht,
so bist Du vielfach reicher und schöner.
Deine Menschen verdienen Entspannung,
die Du ihnen schenkst.
Im Glanze der Lichter erstrahlt
Deine Schönheit aufs Neue.
Und bald wirst Du gehen zur Ruhe,
die schon zum neuen Erwachen sich rüstet.

Unknown hat gesagt…

Und noch was:

1.
Stadt Hamburg an der Elbe Auen,
wie bist du stattlich anzuschauen!
Mit deinen Türmen hoch und hehr
hebst du dich schön und lieblich sehr!
|: Heil über dir, heil über dir,
Hammonia, Hammonia!
O wie so herrlich stehst du da! :|

2.
Reich blühet dir auf allen Wegen
des Fleißes Lohn, des Wohlstands Segen;
soweit die deutsche Flagge weht,
in Ehren Hamburgs Namen steht.


3.
In Kampf und Not bewährt aufs neue
hat sich der freien Bürger Treue,
zur Tat für Deutschlands Ruhm bereit,
wie in der alten Hansezeit.

4.
Der Becher kreis´ in froher Runde,
und es erschall´ aus Herz und Munde:
"Gott wolle ferneres Gedeih'n
der treuen Vaterstadt verleih'n!"

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Denn, "Iluminatus", was wären wir ohne der Städte, ohne Handlung und Wissenschaft ohne die Kunst und Kultur? Ein Volk von Bauern!

Illuminatus hat gesagt…

War mir klar dass von Dir altem Düsseldorfer ein Kommentar kommt! ;)Ich sag mal so: Natürlich sind die Städte Träger von Kultur und Zivilisation. Allerdings sind sie auch Hauptträger von Verfall, Korruption und Kriminalität. Meiner Meinung nach widerspricht es menschlichem Glück, mit Millionen anderer Menschen eingepfercht auf so engem Raum zu leben. Mir ist eine Dorfgemeinschaft, in der zwar gelästert wird und man sich seinen Platz erst "verdienen" muss lieber als die kalte Anonymität der Stadt, in der man oftmals nicht mal die Leute kennt, die neben einem wohnen. Als die von Dir angesprochenen Träger von Kultur und Zivilisation sind Städte unentbehrlich. Als Lebensraum jedoch denke ich jedoch, dass der Mensch sich in kleineren Gemeinden besser entfalten kann.

Unknown hat gesagt…

Das Gedicht beschreibt das Wesen der Stadt sehr treffend. Aber dennoch üben sie auf mich eine große Anziehungskraft aus.

Ich kann mich noch gut an das Gedicht erinnern, musste es vor einigen Jahren in einer Klausur analysieren.